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Selbstmedikation
Scheidentrockenheit in den Wechseljahren
Etwa jede fünfte Frau leidet unter einer trockenen Vaginalhaut. Ab dem 45. Lebensjahr ist sogar nahezu jede zweite Frau betroffen. Der Feuchtigkeitsmangel in der Scheide macht sich durch Brennen und Jucken bemerkbar und kann zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen, was den Leidensdruck der betroffenen Frauen noch erhöht.
Ein typisches Problem in den Wechseljahren
Die häufigsten Auslöser sind sinkende Östrogenspiegel, die zu Veränderungen der Vagina führen. Es kommt zu einer Geweberückbildung und einem Gewebeschwund, wodurch die Scheidenhaut dünner und nicht mehr so gut durchblutet wird. In Folge verliert sie an Elastizität und bildet weniger Vaginalsekret, was mit einer zunehmenden Scheidentrockenheit und Empfindlichkeit gegen Reibung einhergeht.
Auch in jungen Jahren möglich
Feuchtigkeitsmangel in der Scheide ist aber nicht nur ein Problem in den Wechseljahren. Vaginale Trockenheit kann auch bei jüngeren Frauen auftreten. Die Einnahme eines Gestagen betonten Kontrazeptivums oder von Antiöstrogenen in der Brustkrebsnachsorge, Operationen an Gebärmutter oder Eierstöcken sowie besondere Hormonkonstellationen nach der Geburt und in der Stillzeit beeinflussen den Feuchtigkeitshaushalt der Vagina ungünstig. Ebenso können psychischer oder körperlicher Stress, häufiges Tamponwechseln oder Erkrankungen wie ein schlecht eingestellter Bluthochdruck oder Diabetes die Scheidenhaut austrocknen. Auch eine falsche Intimhygiene wie zu häufiges Waschen oder die Benutzung alkalischer Seifen sowie von Intimsprays kann ein Austrocknen der Vaginalschleimhaut und eine Schädigung der Vaginalflora bedingen.
Erhöhte Infektionsgefahr
Eine trockene Vaginalschleimhaut ist anfälliger für Infektionen. Die Scheide ist mit zahlreichen Mikroorganismen besiedelt, die sich zusammen in einem ausgewogenen Gleichgewicht befinden. Eine besondere Rolle spielen dabei die Milchsäurebakterien (Laktobazillen), die nach ihrem Entdecker Döderlein-Bakterien genannt werden, und nach der Pubertät unter Östrogeneinfluss die Vagina besiedeln. Sie produzieren Milchsäure aus Glykogen, das sich in den Scheidenzellen befindet und bei einer geschlechtsreifen Frau für einen vaginalen pH-Wert von 3,5 bis 4,5 sorgt. Dieses saure Scheidenmilieu hemmt das Wachstum von potentiell pathogenen Bakterien und Pilzen und stellt somit den wichtigsten Schutzmechanismus vor vaginalen Infektionen dar. Die mangelnde Befeuchtung der Scheidenwand ist mit einer Veränderung der Zusammensetzung der im Scheidensekret gelösten Kohlenhydrate verbunden, so dass die physiologisch vorkommenden Laktobazillen schlechtere Überlebenschancen erhalten und weniger Milchsäure produzieren. Aufgrund der mangelnden Milchsäureproduktion verschiebt sich der pH-Wert nach der Menopause in den neutralen Bereich, wodurch vaginale Infektionen schneller entstehen. Außerdem rückt durch den Östrogenmangel die Harnröhrenöffnung näher an den Scheideneingang, was auch das Auftreten von Beschwerden wie Blaseninfektionen und Inkontinenz begünstigt.
Östrogenmangel ausgleichen
Die Verabreichung von Hormonen kann in den Wechseljahren die vaginale Trockenheit lindern. Das alleinige Auftreten einer Scheidentrockenheit rechtfertigt in der Regel aber keine systemische Hormontherapie. Wegen eines erhöhten Risikos für Herzinfarkt, Schlaganfall und Brustkrebs wird die Hormonersatztherapie heutzutage nur noch nach einer genauen individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt.
Eine bewährte Therapie zur Behandlung der vaginalen Trockenheit bei sinkenden Östrogenspiegeln stellt hingegen die lokale Applikation von Hormonen dar. Ihr Vorteil liegt in der geringen systemischen Aufnahme des Östrogens über die Vaginalhaut. Es stehen zahlreiche östrogenhaltige Präparate für die vaginale Anwendung zur Verfügung, die in Form von Creme, Ovula, Zäpfchen, Tabletten oder als spezieller Vaginalring in die Vagina eingeführt werden.
Pflanzliche Option bei Wechseljahresbeschwerden: Extrakte aus der TraubensilberkerzeDie Diskussion um Nutzen und Risiken einer Hormonersatztherapie gegen klimakterische Beschwerden hat dazu geführt, dass vermehrt hormonfreie Alternativen zur systemischen Anwendung bei Wechseljahresbeschwerden verwendet werden. Dabei kommen zum einen als Nahrungsergänzungsmittel vertriebene Isoflavon-haltige Produkte mit Soja und Rotklee und zum anderen als Arzneimittel zugelassene Präparate aus Extrakten der Wurzel des Rhapontik-Rhabarbers und des Wurzelstocks der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa bzw. neuer Name: Actaea racemosa) zur Anwendung. Sowohl für die Traubensilberkerze- als auch die Rhapontik-Rhabarber-Präparate sind Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit bei klimakterischen Beschwerden durch zahlreiche Studien nachgewiesen. Am besten sind Präparate mit den Extrakten aus der Traubensilberkerze (Remifemin®) dokumentiert. Für sie gelten sowohl positive Effekte auf neurovegetative (z. B. Hitzewallungen, Schweißausbrüche) als auch auf psychische Wechseljahresbeschwerden (z. B. Nervosität, Reizbarkeit, Unruhe, depressive Verstimmungen, Angst) als belegt. Dabei profitieren Frauen in den ersten Jahren der Wechseljahresbeschwerden Untersuchungen zufolge am meisten von deren Einnahme. Da aber mit Traubensilberextrakt-Präparaten weder die Hormonwerte noch die Vaginalzytologie beeinflusst werden, sind explizite Beschwerdebesserungen beim Symptom Scheidentrockenheit nicht zu erwarten und man kann keine generelle Empfehlung ableiten, diese Präparate bei Scheidentrockenheit einzusetzen. |
Lokale Östrogenbehandlung
Die Wirkung lokal applizierter Östrogene entfaltet sich direkt am Scheideneingang und in der Scheide. Sie zeigen deutliche proliferative Effekte auf das Schleimhautgewebe der Scheide und der Harnblase. Die Durchblutung steigt, so dass sich die Scheidenhaut wieder aufbaut, sich das Bindegewebe festigt und sich die Verschlusskraft der Harnröhre kräftigt. Milchsäurebakterien können sich wieder ansiedeln und für die Wiederherstellung einer physiologischen Vaginalflora sorgen, so dass es seltener zu vaginalen und urogenitalen Infektionen kommt.
Wichtig ist eine regelmäßige Anwendung. Die Lokalbehandlung wirkt nicht sofort, die Scheidenhaut benötigt ungefähr drei Wochen bis sie sich wieder aufgebaut hat. Im Anschluss muss die Therapie dauerhaft zweimal pro Woche durchgeführt werden, damit die Haut auch gefestigt bleibt. Wird die lokale Östrogensubstitution beendet, können die alten Probleme zurückkehren.
Hormonfreie Alternativen
Nicht für jede Frau ist die lokale Verwendung von Hormonen geeignet. Symptome der vaginalen Trockenheit können alternativ auch gut mit hormonfreien Präparaten lokal behandelt werden. Es stehen Cremes, Gele oder Vaginalzäpfchen für die tägliche Pflege zur Verfügung. Einige Produkte stellen auch ein optimales Gleitmittel für den Geschlechtsverkehr dar. Dann sollten sie aber nicht auf einer fettigen oder öligen Grundlage basieren, damit sie nicht die Oberfläche von Kondomen angreifen. Formulierungen auf Wasserbasis haben hingegen den Vorteil, Latex nicht aufzulösen, so dass sie die kontrazeptive Sicherheit nicht gefährden. Auch Präparate auf Silikonbasis sind kondomfreundlich.
Verschieden zusammengesetzte Vaginaltherapeutika sind zur Regulation des Feuchtigkeitsgehalts in der Scheide und zum Erhalt der Vaginalflora in der Apotheke erhältlich (z. B. Replens® sanol Vaginalgel). Präparate mit einem Zusatz an Hyaluronsäure (z. B. die Medizinprodukte Hyalofemme® Vaginalgel, Ialunara® Vaginalovuli) haben zudem regenerierende und wundheilfördernde Effekte auf die empfindliche oder gereizte Scheidenhaut. Ist noch Milchsäure enthalten (z. B. Premeno® duo Vaginalzäpchen, Vagisan® Vaginalzäpfchen) tragen sie zur Einstellung des physiologischen sauren pH-Wertes in der Scheide bei. Die körpereigenen Laktobazillen erhalten optimale Wachstumsbedingungen und können vor vaginalen Infektionen schützen. Einen Schutz vor dem Anheften pathogener Erreger an die Vaginalhaut versprechen beispielsweise auch Produkte mit einem patentierten Polysaccharid-Komplex (Multi-Gyn® Gel) oder Präparate, welche die milchsäureproduzierenden Döderlein-Bakterien (z. B. Döderlein® Med Vaginalkapseln) selber enthalten.
QuelleProf. Dr. med. Harald Meden, Richterswil/Schweiz; Dr. Hans-Heinrich Henneicke-von Zepelin, Salzgitter: "Remifemin plus: Frauengesundheit aktuell: Das Klimakterium in der Forschung und in der Praxis", Hamburg, 7. April 20011, veranstaltet von der Schaper & Brümmer GmbH & Co. KG, Salzgitter.
Apothekerin Gode Meyer-Chlond
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